Where the Wheels Go – Mit dem Fahrrad von Dresden nach Asien
“Moskau. Ja, die Einfahrt nach Moskau. Der Husarenritt ins russische Herz. Mit der Sintflut nach Moskau. Definitiv Moskau. Russisch Roulette nach Moskau. Die Antwort ist auch nach viereinhalb Monaten Reise noch stets dieselbe. Immer wenn man mich fragt: Was war deine anstrengendste Etappe? Was war Eure schwierigste Strecke? Welche Etappe blieb am meisten im Gedächtnis? Ja, da bleibt nur: MOSKAU.
Aber zunächst chronologisch: Alles begann Anfang Juni in der grünsten Stadt Deutschlands – Dresden 🙂 Von da wollte ich mich aufmachen Asien zu bereisen, mit dem Fahrrad. Die minimal längere Anfahrtszeit nach Asien im Vergleich zu einem Flugzeug war mir durchaus bewusst, aber ich hatte ja Zeit. Ich markierte mir einige Highlights, wo ich unbedingt durchfahren wollte, und so entstand mein grober Fahrplan zum größten Kontinent der Erde. Der Weg aus Europa sollte mich über Polen, Litauen, Lettland und Russland führen. Angepeilte Strecke pro Tag: rund 100 bis 120 km.
#### Daniels Rad-Route, Teil 1
###
Lange alleine blieb ich auf meiner Reise nicht – schon in Riga gesellte sich Oskar aus Neubrandenburg dazu. Auch er hatte Großes vor: Er wollte Dschingis Khan Konkurrenz machen und die Mongolei mit seinem Fahrrad erobern. Und da es Richtung Mongolei auch grob in meine Richtung ging, beschlossen wir ein Stück gemeinsam zu fahren. Oskar war ein Naturmensch durch und durch. Seine Wahl-Radheimat war das Nordkap. Schon einige Male hatte er sich mit dem Rad zum mit nördlichsten Punkt Europas aufgemacht. Auf unserer Reise war er als Sicherheitsexperte zuständig für unsere Räder und für das erspähen geeigneter Zeltplätze zum Wildzelten. Jedoch kamen wir bis Kasachstan gerade einmal auf vier Mal Zelten, rekordverdächtig!
Die meiste Zeit suchten und fanden wir tolle Privat-Unterkünfte. Dies waren mit die schönsten Momente neben dem Rad fahren. In allen Ländern begegneten wir wunderbaren Menschen, die Teil unserer Reise wurden. Unsere gegenseitige Neugier brach verschiedenste Sprachbarrieren. Oft wurde man auch von vorbeifahrenden Autos angehalten. Wohin? Woher? Wie weit? waren steht’s die Klassiker unter den Fragen. So richtig verstand es meistens keiner, wieso man das Rad für solch eine Reise wählte. Wildfremde Menschen luden uns zu Tee und Essen ein und boten uns ohne Gegenleistung einen Schlafplatz an. Diese Herzlichkeit verblüffte uns immer wieder aufs Neue. Es entstanden wunderbare Bekanntschaften und auch Freundschaften.
Da waren zum Beispiel Elina und Ihre Familie aus Lettland. Sie hatten ein kleines Landhaus in Koknese nahe Riga, wo wir nach unserer ersten Etappe einkehren sollten. Es war Ihr erstes Mal als Couchsurf-Gastgeberin. Wir wurden bekocht, bekamen eine Sightseeing Tour, es wurde gegrillt und wir konnten viele lettische Biere verkosten. Interessiert wurden wir über unsere Reise ausgefragt, über politische Themen und unseren weiteren Reiseverlauf. Viele Themen wiederholten sich über viele tolle Gastgeber hinweg. Aber uns wurde es nie Leid darüber zu erzählen, denn so wurden die schweren Beine vom täglichen Kilometer spulen schnell zur Nebensache.
Prägend und hilfreich war auch das Zusammentreffen mit Dmitry aus Samara, eine Industriestadt im Südosten des europäischen Teils Russlands. Dmitry, genauso Fahrrad verrückt wie wir, war bereits letztes Jahr einen Hauptteil unserer geplanten Strecke gefahren und konnte uns quasi aus erster Hand mögliche Stolpersteine auf den Weg nach Zentralasien aufzeigen. Ihm verdankten wir außerdem viele weitere tolle Kontakte, wo wir im Verlauf der Reise unterkommen konnten.
Daniel (rechts) und Oskar mit Dmitry (Mitte)
Aber was war nun mit Moskau? Nun ja, Moskau ist ja nicht gerade für seine Fahrradfreundlichkeit bekannt. Der Verkehr ist Horror. Geschützt von Ring-Highways erscheint Moskau nahezu uneinnehmbar mit dem Fahrrad. Und jeder Mensch mit gesundem Verstand würde nie auf die Idee kommen nach Moskau mit dem Fahrrad zu fahren. Teilweise fünfspurig nimmt das Ganze dort seinen Lauf. Erschwerend kam hinzu, dass Noah und seine Arche wohl wieder Urlaub machten und es an diesem Tag wie aus Eimern goss.
Von Wolokolamsk bis Moskau waren es noch 130km entlang der M9. Uns steckten 210 Kilometer vom Vortag in den Beinen und es entstand gerade so etwas wie ein neuer Baikalsee. Die Freude über meine Regenhose wärte nicht lange: Wie schnelles Popcorn-Platzen hämmerte der Regen auf uns ein. Er schien dem Strom von rasenden Autos egal. Und Aquaplaning? Ein Fremdwort. Sichtweite kaum 50 Meter und irgendwo auf einem vermuteten Seitenstreifen surften wir mit unseren Fahrrädern neben dran. Zwischen den uns links überholenden Autos und den rechts auffahrenden Autos jonglierten wir uns Kilometer für Kilometer Richtung Haupttribüne. Es glich einem Drahtseilakt nicht von abfahrenden Autos einfach weggespült zu werden oder auf der Motorhaube des vorbeifahrenden Verkehrs zu landen.
Je weiter wir Moskau auf die Pelle rückten, desto mehrspuriger wurde die Autobahn. Die Reststrecke glich einem 100 Meter-Finale. Wir, als Außenseiter auf der Außenbahn, gegen die motorisierte Weltelite. Die Hände schon schrumpelig und mit Sicht gleich Null, durchbrachen wir den ersten Ring – das graue Moloch endlich in scheinbar greifbare Nähe. Doch nun sollte sich das verkehrsverstopfte Gesicht Moskaus zeigen: die schier endlos erscheinenden Straßen und der gnadenlos zähe Verkehr erschwerten die Konzentration. Ganze acht Stunden brauchten wir, um uns müde und erschöpft bis zum Kreml durchzuschlängeln – ohne Navi hätten wir uns im russischen Dschungel komplett verfranzt.
Wenn ich heute die Geschichte erzähle, wird mir bewusst, wie dumm und leichtsinnig die ganze Aktion eigentlich war. Und was für ein unglaubliches Glück wir hatten, nicht als weiteres Kreuz am Rande der Straße geendet zu sein.
Nach einigen Tagen im wilden Moskau wollten wir mit der Überquerung des Ural Flusses und dem Betreten Kasachstans dann persönlich Asien die Hand schütteln. Es sollte über 1500km kasachische Steppe mit Stops in Aral, Kysylorda und Türkistan folgen bevor wir unser letztes kasachisches Ziel, Shymkent, erreichten.
In Türkistan hatten wir Zeit uns das Mausoleum von Khoja Ahmed Yasawi anzuschauen, einer der bedeutendsten Vertreter in der islamischen Mystik. Das nie vollendete Mausoleum gilt als eines der größten und am besten erhaltenen Bauwerke aus der Zeit Timurs. Von da machten wir uns auf zu unserem letzten Reiseziel in Kasaschtan: Im ersten und einzigen Hostel Shymkent’s quartierten wir uns für vier oder fünf Nächte ein, da wir bis zum erlaubten Einreisezeitpunkt für Usbekistan noch Unmengen an Zeit hatten. Mit etwas Sightseeing und einigen Bazar Besuchen vertrieben wir uns die Zeit: Dort gab es leckere Nüsse und Cerealien, die ein fantastisches Müsli abgaben. Des Weiteren kam ich in den Genuss von “Kumis” – Pferdemilch – und verkostete ein traditionelles Beshbarmark mit Pferdefleisch.
Und dann war es endlich soweit. Wir waren dran. Unser nächstes Domizil für die nächsten Ruhetage sollte Tashkent werden, die Hauptstadt von Usbekistan. Rund 120 wellige Kilometer lagen zwischen Shymkent und Tashkent. Dies sollte an einem Tag, inklusive längerer Wartezeiten an der Grenze, zu schaffen sein. Was die usbekischen Grenzkontrollen anging, waren wir auf das Schlimmste gefasst. Doch die Einreise gestaltete sich weit einfacher als gedacht. Nach einem einfachen Taschen-Scan konnten wir ohne Beanstandung und Verzögerung in die usbekische Steppe aufmachen, die uns holprig ins Herz Zentral-Asiens geleiten sollte.
Nach Moskau, Kasachstan und Usbekistan sollten noch etliche Etappen dazukommen. Viele weitere Länder, viele unvergessliche Strecken. Voller Schönheit, voller Anstrengung, voller Wow und Wahnsinn.
Lest im nächsten Teil mehr von Daniel, der gerade durch Nepal radelt.“
More Articles With Geheimtipp
Der Sänger, Songwriter und Schauspieler Joe Jonas verrät seine Lieblingsreiseziele und gibt Tipps zu Unterkünften und Möglichkeiten vor Ort, die Ihr auf keinen Fall verpassen solltet.
Wir können es kaum erwarten, wieder rauszukommen. Daher haben wir 18 Geheimtipps für beliebte Städte zusammengestellt, damit Ihr Euch wie Einheimische fühlen könnt.
Demnächst startet die erste Expedia Travel Week. Die wartet mit zahlreichen attraktiven Angeboten auf. Vom 8. bis zum 12. Juni gibt es in der Expedia-App und auf Expedia.de für ausgewählte Hotels bis zu 40% Rabatt.
3 Tipps für bewusste und achtsame Reisen und verantwortungsvollem Tourismus in Deutschland von Fotografin und Reisebloggerin Anna Heupel
Wer bzw. was sind die verlässlichsten Reisepartner. Expedias Travel Companion-Studie weiß Bescheid und liefert Euch die Antworten.